Literatur, Kunst und Kultur
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- Geschrieben von: Alex Strachwitz
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- Kategorie: Moritz Karl Wilhelm Anton Graf von Strachwitz
Türkische Justiz
Da fährt des Paschas Lieblingsweib. –
Es schwimmt auf lauer Düfte Flut
Ein Abend voller Farbenglut,
Wie ihn die Liebe gern durchdehnt,
Wie Ros' und Bülbül ihn ersehnt.
Die Sonne wälzt ihr sprühend Rad
Ins abendkühle Wogenbad
Und preßt den letzten Flammenkuß
Aufs feuchte Aug' des Bosporus.
Wie liegt sie reich und üppig da,
Die Kuppelstadt des Padischah,
Wie eine Braut voll Reiz und Scham,
Der man vom Aug' den Schleier nahm.
Es spiegelt sich auf ebner See
Der Silberhalbmond der Moschee,
Und zitternd auf dem Flutenbett
Wiegt Wimpel sich und Minarett. –
Gemächlich, wie ein sanfter Schwan,
Durchschwebt die Flut der bunte Kahn,
Wie am Gestad die Muschel schwimmt,
Darin die edle Perle glimmt.
Wie war sie schön vom Haar zum Fuß,
Die Rose aus dem Kaukasus!
Wie war ihr Auge blau und groß,
Ein unermess'ner Meeresschoß!
Wie war ihr Antlitz glanzbesonnt,
Ein ganzer Liebeshorizont,
So weiß und rot, so rot und weiß,
Wie Morgenrot auf Kasbecks Eis.
Ein Schwanenflaum der stolze Hals,
Ein Silberschaum des Wasserfalls,
Darauf die schwarze Locke lag,
Wie dunkle Nacht auf lichtem Tag.
Es floß der Kaftan himmelblau
Rings um den Antilopenbau,
Wie sich der Bätter wallend Kleid
Rings um den Wuchs der Palme reiht.
Sei war so voll und zart und schlank,
Ein fleischgewordner Saitenklang.
Ein Strahl aus Allahs Diadem,
Hell wie der Stern von Bethlehem.
Doch bei der Houri Mund an Mund,
Da sitzt ein junger Christenhund,
Die Rechte führt des Ruders Last,
Die Linke hält die Maid umfaßt.
So oft der Streich im Wasser rauscht,
So oft wird Kuß um Kuß getauscht.
So haben sie manch laut Nacht
Ins Meer die sel'ge Fahrt gemacht,
Indes der Pascha traumumnachtet
Nach seiner schönen Sklavin schmachtet. –
Es senkt die Nacht sich ernst und hehr,
Ein Riesenadler, übers Meer.
Und matter wird des Nachen Schuß
Und heißer wird des Franken Kuß,
Bis Land und Meer sich schwarz vermummen
Und Ruderschlag und Kuß verstummen. –
Des Abends rosig Segel auf;
Er schüttelt aus den Falten frisch
Sein Rosenöl verschwenderisch.
Und wieder naht die süße Frist.
Am Ufer steht der junge Christ,
Die Arme zum Umschlingen fertig,
Die Seele heiß und lustgewärtig.
Es fliegt sein Puls, sein Atem kocht,
Sein Herz die Brandung überpocht,
Es ist ihm schwül und bang wie nie:
»Wo weilt sie denn, was zögert sie?!« –
Und horch, was plumpt so dumpf und schwer
Von jener Klippe in das Meer?
Es schlägt die Flut, als wär' es Blei,
Und horch, ein kurzer Weheschrei!
Es hält sich zappelnd auf den Wogen
Und schlägt im Wasser weite Bogen,
Aufschreit die See von beiden Seiten,
Das muß Entsetzliches bedeuten! –
Fest stemmt der Christ den Ruderschaft
Und stößt vom Sand mit Jugendkraft;
Der Nachen übern Spiegel schoß,
Als wie ein springend Perserroß,
Wild schäumt die Woge hier und drüben
Und scheint ihn wütend fortzuschieben.
Da schwimmt es noch, es sinkt, es sinkt!
Der Franke in die Wellen springt,
Er greift es mit entschloss'nem Pack,
Von Leder ist's ein schwerer Sack,
Den zieht er schaudernd in den Kahn
Und trennt ihn mit dem Yatagan.
Was er gesehn und was er fand,
Er hat es nimmermehr bekannt;
Im Ufersand zur selben Stund,
Da grub er ein den teuren Fund. –
Der Pascha ward nach wenig Wochen
Von eines Franken Dolch erstochen.
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Wie der Junkherr Ebbelin die Nürnberger foppen tät
Von keckem Ritterwerk:
Es fingen den Junkherrn Ebbelin
Die Herren von Nürnberg.
Sie schnürten ihm Hand und Fuß:
»Nun haben wir dich, du schlimmer Christ,
Der Galgen dir werden muß.«
Der machte ein stolz Geschrei,
Und jeder Schuster- und Schneidergesell,
Der hatte sein Wort dabei.
Wie Goliaths Weberbaum,
Sie keuchten gewaltig und schwitzten sehr
Und brachten ihn vorwärts kaum.
Zwei Schreiner den Helm zugleich,
Und wenn der Helmbusch im Winde stob,
Da wurden sie blaß und bleich.
Da wollten sie hängen ihn;
Da sprach zu dem mannlichen Bürgerchor
Der Junkherr Ebbelin:
Es sei meine letzte Bitt':
Laßt reiten mich im Zwinger herum
Meinen allerletzten Ritt.
Ich kann euch nicht entgehn.
Laßt mich mein Roß, mein tapfres Roß,
Zum letztenmale sehn.«
Den Junkherrn banden sie los;
Wie schwang sich auf das schlanke Tier
Der Degen, kühn und groß!
Mit Zunge, Schenkel und Hand,
Da flogen ringsum von des Renners Huf
Die Männlein in den Sand.
Zum Graben sprengt' er herum;
Die Herren befiel ein grimmer Schreck,
Sie standen betäubt und dumm.
Hin sprang er wild und toll,
Indes herüber mit Donnerschall
Des Ritters Gelächter scholl:
Den Adler stolz beschwingt,
Eh' Krämerwitz und Krämerjoch
Den Ritternacken zwingt.«
Und wandte den wilden Gaul,
Die Herren sahen einander an
Und machten ein großes Maul.
Wenn ich zu sehr getollt,
Daß Philistertum und Philisternatur
Mich fangen und hängen gewollt.
Aufs Roß der Phantasie,
Sein Huf zerschmetterte Tor und Schloß,
Die guten fingen mich nie.
Hinüber mein Roß, hinaus!
Hei, Schenkeldruck und Sprung und Satz,
Ade, Philisterhaus!
Den Adler, stolz beschwingt,
Eh' Philisterwitz und Philisterjoch
Den Dichternacken zwingt.
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Ohnmächtige Träume
Mit Strömen von dem eignen Blut,
Könnt' ich dich ritterlich erkämpfen,
Dann wäre frei und hoch mein Mut.
Wie wollt' ich dann den Nacken heben
Und rufen stolz und trotziglich:
»Jetzt bist du mein, geliebtes Leben,
Mein, denn ich blutete für dich!«
Dumpf an der Wölbung rauscht mein Tritt;
So steigt herauf, ihr Geister alle,
Und eure Schwerter bringt euch mit;
Zersprengt die Särge, brecht die Quadern
Und tretet vor mich wild und stark;
Schon kocht die Schlacht in meinen Adern,
Und auch in mir ist Streitermark!
Sticht durchs Visier das Auge klar,
Vom goldbekrönten Helmeskamme,
Da rauscht des Adlers Schwingenpaar;
Es strahlt der Leib in Silberschuppen,
Vom Sporn zur Schulter geht das Schwert,
Gold prahlt und Scharlach auf den Croupen,
Die blanke Stange beißt das Pferd.
Erhebt den Feldruf, stoßt ins Horn!
Ihr Leichtbewehrten, Bogenspanner,
Schwärmt lustig an der Spitze vorn!
Ballt, Reiterfähnlein, euch zusammen,
Schließt Schild an Schild und Speer an Speer,
Laßt Panzer dicht an Panzer flammen
Und sprengt, ein eh'rner Keil, daher!
Dumpf durch das Treffen kracht der Stoß.
Nun zieht das Schwert und laßt's gewittern,
Und auf die Helme hämmern los!
Hier wälzt sich zuckend Roß und Reiter,
Hier steigt ein Arm, die Schiene klafft,
Eindringt das Schwert und schlitzt sie weiter
Und sprudelnd quillt der Lebenssaft.
Hier küßt ein Federbusch den Sand,
Hier sinkt ein Haupt betäubt zur Mähne
Und von den Zügeln läßt die Hand.
Hier fährt ein Pfeil durch Helmesgitter,
Hier rasselt kunstrecht Hieb in Hieb,
Hier unterm Hufe stirbt ein Ritter,
Sein letzter Seufzer ist sein Lieb. –
Ha! Kampfesnacht und Siegestag,
Ich darf euch nur im Traume sehn,
Wie stark ich euch beschwören mag!
Ihr spottet mein, ihr toten Hünen,
Toll nennt mich die vernünft'ge Welt;
Kein Ritterschlag ist zu verdienen,
Da, wo zum Ritter schlägt das Geld. –
»Ich bin ja dein auch ohne Streit!«
Das eben ist's, das schlägt mich nieder
Und hebt mich doch zur selben Zeit.
Nichts ist, des ich mich nicht erkühnte,
Und wär's ein sichrer Tod für mich;
Weil ich dich gerne ganz verdiente,
Deswegen stürb' ich gern für dich.
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Gute Jagd
Da ritt des Weges ein Rittersmann.
Er trug einen Falken, der Falk war grau.
Flink sprang der Herr von des Rosses Bug.
Und Gott zum Gruße, vielschöne Magd!«
Schön Astrid schweigend zur Seite saß.
Und sah ihn mit keinem Auge an.
Dein Auge leuchtet wie Mondesstrahl!
Mein bestes Roß, das gäb' ich dafür.
Meinen Hund und Falken noch gäb' ich bei.
Ich gäbe darum ein Königreich.«
Mit dem Reiherbusch und dem Jägerhut;
Mit dem Schwert, das hell in der Sonne flammt;
Mit Bogen und Pfeil und Silberhorn;
Doch geb' ich den Kuß dir nimmermehr.
Dem König allein gehört mein Mund.
Eine bleiche Nonne ich werden muß.«
Zum König trag' ich dich sturmgeschwind.
Den zweiten Kuß sich der Ritter nimmt.«
Und sprengte von dannen wie Wetterzorn.
Da hob der Jäger die Maid empor:
Wie die Falken segeln durchs Himmelblau!
Viel Ritter sprengen durchs Heidegrün!
Wie des Hifthorns Hall durch die Berge rollt!
Wie Rosse jagen mit Sturmesgewalt!
Den König ich gleich dir nennen will:
Der ist der König, den küsse dreist!«
Der Falk, der dehnte sich mächtiglich.
Der Falk in den Lüften sich schaukelnd wog.
Die andern duckten am Boden scheu.
Sie jagten daher mit Jubellaut.
»Willkomm', Herr König, zum Reiherzug!«
Dem sollst du den ersten Kuß verleihn.
Dem gibst du den zweiten Kuß zur Stund;
Du gibst ihm gewiß den dritten dazu.«
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Gepanzerte Sonette
1
Daß dir die Schwertwucht lähmt die Weiberarme?
Kannst du nicht stehn im dichten Waffenschwarme,
Wenn Gott des Kampfes Wetter losgelassen?
Gibt Worte kühn des freien Herzens Harme,
Den Worten Schwertesstreiche, zorneswarme,
Wenn Schmach und Unrecht krallend dich umfassen.
Ziemt's kühn zu wallen durch des Streites Nächte,
Nein, auch die Harfe mag zum Schwerte werden;
Im edlen Streit mit Waffenliedern fechte –
Das ist die Pflicht des Sängers auf der Erden.
2
Wenn ich geforscht im Ruhm von alten Tagen,
Hab' ich gesehnt mich, Helm und Schwert zu tragen,
Ein Ritter frei im Schlachtenwogenschwanken.
Möcht' ich mich heben stolz mit keckem Wagen,
Dann möcht' ich hell die Ritterharfe schlagen,
Wenn nicht die Fesseln mehr den Geist umranken.
Die du erschlaffst die Nerven des Gesanges,
Die du erlähmst die Geisteskraft, die hohe,
Aufschwingen mich im Braus des Sphärenklanges,
Denn in Gemeinheit stirbt des Helden Lohe.
3
Das Wort der Wahrheit, das noch immer bebte;
Was in der Brust in kühner Wahrheit lebte,
Das sollst du mutig in die Lüfte streuen.
Soll es zerreißen, was die Falschheit webte;
Ob Meer und Erde wild dawider strebte,
Soll's selbst das Donnerwort der Macht nicht scheuen.
Der Mann soll reden, wie's der Geist geboten,
Nicht flüstern, wenn im edlen Zorn er siedet.
Mit Tod und Ketten mächtig ihn bedrohten,
Der Wahrheit ward von Gott kein Band geschmiedet.
4
Der mark'gen Heimat alter Heldensiege,
Daß du als Stelle deiner Säuglingswiege
Den Teil nur nennst des innigen Verbandes?
Sei's wo du schlürfst des Rheinweins Nektarzüge,
Der einz'ge Namen tut dir stolz Genüge
Vom Meere bis zum Schnee des Alpenrandes.
Sollst du ein Glied nicht räubrisch einzeln brauchen,
Sonst machst du ihn zum Stumpf, zum säftelosen.
Mild angeweht von deutscher Lieder Hauchen,
Die schönste von des Länderkranzes Rosen.
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Moritz Karl Wilhelm Anton Graf von Strachwitz Beitragsanzahl: 79
Moritz Karl Wilhelm Graf von Strachwitz (* 13. März 1822 in Peterwitz bei Frankenstein, Schlesien; † 11. Dezember 1847 in Wien) war ein bekannter Balladendichter, der im Tunnel über der Spree ein Vorbild für Theodor Fontanes Balladendichtungen war.
Leben
Er entstammte einer schlesischen Adelsfamilie, studierte Jura in Breslau und Berlin. Seit 1845 war er Mitglied des Corps Silesia Breslau. Nach dem Studium leistete er sein Referendariat beim Kreisgericht Grottkau ab. Danach ging er auf Reisen nach Schweden, Norwegen und Dänemark. Daraufhin kehrte er zunächst auf sein Gut Peterwitz zurück, siedelte dann aber auf sein mährisches Gut Schebetau über. Auf einer Italienreise erkrankte er in Venedig und starb kurz vor seiner Rückkehr in Wien.
Viele seiner Gedichte wurden vertont, unter anderem von Robert Schumann, Carl Loewe und Johannes Brahms. Besonders bekannt waren unter anderem „Das Lied vom falschen Grafen“ und „Hie Welf!“.
Von seinem Zeitgenossen Ludwig Fränkel wurde er in der „Allgemeinen deutschen Biographie“ wie folgt charakterisiert: „In dem aufreibenden Leben der Großstädte hatte sich seiner eine gewisse Unruhe bemächtigt, […] nie wieder kam er zur rechten Ruhe, zur Freude am Leben, zur Befriedigung mit seinem Schaffen und sich selbst, zur Erkenntnis seines Berufes“ und „Er war eine kühne, in den demoralisierenden Wandelgängen der großen Welt naiv gebliebene Natur.“
Sein bekanntestes Gedicht ist „Das Herz von Douglas“, aus dem noch gelegentlich zitiert wird:
Sie ritten vierzig Meilen fast und sprachen Worte nicht vier
und:
kurz ist die schottische Geduld und lang ein schottisch Schwert!
Werke
- Lieder eines Erwachenden, 1842
- Neue Gedichte, 1848 (Gedichte aus dem Nachlass) (GBS)
- Gedichte, Breslau 1850 (Gesamtausgabe)
Literatur
- Ludwig Julius Fränkel: Strachwitz, Moritz Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 480–483.
- Gertrud Fischer: Der Verfall des Gehalts der heldischen Ballade von Strachwitz und Fontane bis zu den Epigonen (1840–1880). München 1956 (München, Univ., Diss. phil.).
- Hanns Gottschalk: Strachwitz und die Entwicklung der heldischen Ballade. Triltsch, Würzburg 1940 (Zugleich: Breslau, Univ., Diss. phil., 1940).
- Alwin Kurt Theodor Tielo (d. i.: Kurt Mickoleit): Die Dichtung des Grafen Moritz von Strachwitz. Duncker, Berlin 1902 (Forschungen zur neueren Litteraturgeschichte 20), (Auch reprographischer Druck: Gerstenberg, Hildesheim 1977, ISBN 3-8067-0610-7).